Mülldeponie im Landschaftsschutzgebiet

SPD: Regierungspräsidium verzögert
Rekultivierung eines Steinbruchs in Zazenhausen

Die sozialdemokratische Gemeinderatsfraktion, die mit den umweltpolitischen Entscheidungen von Regierungspräsident Manfred Bulling in aller Regel besser leben kann als die CDU in Stadt und Land, macht nun in einer konkreten umweltpolitischen Frage gegen das Regierungspräsidium Front. Seit genau drei Jahren liege der Behörde ein Antrag zur Rekultivierung des Steinbruchs Wenninger bei Zazenhausen vor, über den immer noch nicht entschieden sei, berichteten gestern sozialdemokratische Stadträte auf einer eigens zu diesem Thema einberufenen Pressekonferenz. Dies sei besonders ärgerlich, weil der Stuttgarter Gemeinderat trotz schwieriger Finanzlage bereits im vergangenen Jahr 1,5 Millionen Mark für diese Maßnahme genehmigt habe.

Der ehemalige Steinbruch liegt zwischen Zazenhausen und Mühlhausen inmitten eines Landschaftsschutzgebiets, das sich von den Kirchäckern in Zazenhausen über den Eschbachwald bis nach Mühlhausen erstreckt. Im Jahre 1967 hatte das städtische Tiefbauamt auf dem brachliegenden Gelände damit begonnen, Altöle und -benzine weiterzuverarbeiten sowie Rückstände aus der Kanalreinigung auszulagern.

Später wurde an die Steinbruchwende eine zweifache Spritzbetonschicht angebracht und der Boden mit einem Lehmschlag abgedeckt. Danach war es sogar möglich, den Steinbruch als "Sonderlager" zur Zwischenlagerung von verseuchte Erde aus Ölunfällen u.ä. genehmigen zu lassen. Diese Genehmigung gilt bis ins Jahr 1986.

Aber dem Tiefbauamt selbst war diese Sonderdeponie schon seit Jahren nicht mehr ganz geheuer. In den letzten Jahren wurde keine Erde mehr abgelagert sondern ein Plan zur Sanierung des Steinbruchgrunds und zur Rekultivierung des gesamten Areals entwickelt. Danach soll der Grund nach einem von Prof. Henke von der Universität Stuttgart vorgeschlagenen und an Ort und Stelle bereits erprobten Verfahren entwässert werden. Danach soll das Areal durch Auffüllung unter landschaftsgärtnerische Gestaltung seiner überwiegend als Naherholungsgebiet (Kleingärten) genutzten Umgebung angepasst werden. Auch ein Rückzugsraum für Tiere ("Greifvogelbiotop") ist gedacht, nachdem sich bereits seit Jahren zwei Turmfalkenpärchen in dem Steinbruch heimisch fühlen.

Diese Sanierung erscheint aus heutiger Sicht mehr als dringend. Beim Untergrund des Steinbruchs handle es sich, so SPD-Stadtrat Wolfgang Woern, um offenen Karst, der beim kleinsten Erdbeben, ja selbst bei großen Temperaturschwankungen, reiße. Die Gefahr, dass verseuchtes Wasser ins Erdreich dringe, sei deshalb groß. Das Tiefbauamt selbst hat aus diesem Grund schon vor Jahren eine Pumpe installiert, mit der nach Regenfällen die verseuchte Auffüllerde notdürftig entwässert wird.

War schon die Anlage dieser Sonderdeponie mitten im Landschaftsschutzgebiet aus heutiger Sicht unverständlich, so ist es nach Ansicht der Sozialdemokraten erst recht die schleppende Behandlung dieses Problems durch das in Umweltfragen sonst stets so forsch scheinende Regierungspräsidium. Obwohl die Behörde gewünschte Auskünfte über die geplante Sanierung und Neugestaltung umgehend erhalten habe, sei der Stuttgarter Antrag Rekultivierung bis heute nicht entschieden.

Die SPD-Sprecher forderten das Regierungspräsidium auf, die Rekultivierung schnellstmöglich zu genehmigen. Das Tiefbauamt könnte dann sofort alles in die Wege leiten. Denn in der mittelfristigen Finanzplanung der Landeshauptstadt sind 1,5 Millionen Mark für diese Umweltschutzmaßnahmen vorgesehen. Die erste Rate hätte schon im vergangenen Jahr in der Stadtkämmerei abgerufen werden können.

Zum Umweltschutz fielen den Sozialdemokraten im Feuerbacher Tal noch zwei weitere Forderungen ein, die allerdings an unterschiedliche Adressaten gehen. Der Feuerbach müsse, so appellierte Stadtrat Woern an den anwesenden Vertreter des Tiefbauamts, auch in diesem Bereich wieder ein offenes, nicht betoniertes Bett bekommen, wie es dem Charakter des Landschaftsschutzgebiets entspreche. Und der Landesminister für Umweltschutz, Weiser, solle sich endlich entscheiden, ob er die von zwei Firmen vorgelegten Verfahren zur Herstellung von Bausteinen aus Neckerschlamm zulassen will.

Deutliche Worte fanden Wolfgang Woern und sein Zuffenhäuser Ratskollege Werner Neuffer aber auch an die Adresse bestimmter Mitbürger. Es sei eine "Granatensauerei", dass der Steinbruch trotz Umzäunung als Müllkippe benutzt werde und ständig Abfälle aller Art, von Autoreifen über Farbeimer bis hin zum Möbelstücken, über die Böschung geworfen würden, die dann vom Tiefbauamt auf Kosten der Allgemeinheit abtransportiert werden müssten.


Kein schöner Anblick: amtlich erlaubte und nichterlaubte Abfallstoffe im Steinbruch Wenninger
bei Zazenhausen. Auf unserem Bild links oben ein Blick auf das Loch mit abgelagerter Erde.
Dort hat das Tiefbauamt eine Wasserpumpe installiert, zu der ein Holzsteg führt.


Ein Blick auf einen Teil des Mülls, der verbotenerweise
immer wieder in den Steinbruch geworfen wird. Fotos: Kehrer

Von ke, aus einer Zeitung vom Donnerstag, 8. März 1984

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