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Zum Wochenschluß notiert:

Zazenhausen meldet sich zu Wort

Maß man früher die Bedeutung des Stuttgarter Stadtteils Zazenhausen an seinem Bekanntheitsgrad, konnte man eigentlich nur zu einem recht bescheidenen Ergebnis kommen. Im Schatten der Wohnriesen Freiberg und Mönchfeld am hinteren Ende von Zuffenhausen (ab)gelegen - kein wichtiger Industriebetrieb, kein Einkaufszentrum, und außer einem monströsen Viadukt keine Sehenswürdigkeit, welche die Idylle gestört bzw. eine Anbindung ans öffentliche städtische Verkehrsnetz dringend erfordert hätte.

Aber auch vor anderen Selbstverständlichkeiten wie einer Sport- und Versammlungshalle oder einem anständigen Sportplatz blieben die Zazenhäuser „verschont" und wären es wohl noch bis zum St.-Nimmerleins-Tag, wenn sich nicht die Öffentlichkeit massiv zu Wort gemeldet hätte. Mit neuem Selbstbewußtsein, das nicht zuletzt von der Fertigstellung des neuen Wohngebietes Sturmfederstraße genährt wurde, formierte man sich in einem „Verein zur Förderung der Mehrzweckhalle in Zazenhausen e. V.". Die Ziele des im Frühjahr gegründeten Klubs sind nahezu identisch mit einer vernünftigen Lösung der dringendsten Probleme dieses Stadtteils, der, ohne seine Beschaulichkeit und seinen Dorfcharakter zu verlieren, endlich aus dem Schattendasein treten will.

Ein Verein stellt sich vor

Im Stadtteil Stuttgart-Zazenhausen gibt es ein reges Vereinsleben. Durch die geringe Einwohnerzahl des Ortes ist das Engagement der einzelnen in mehreren Vereinen die Regel, wodurch ein enger Zusammenhalt entsteht, der sonst eigentlich heute nur noch auf dem Lande zu finden ist.

Seit der Zerstörung der schönen großen Turnhalle im Krieg besteht nun bei den Zazenhäuser Bürgern der Wunsch nach einer neuen Halle, in der die Vereine ihre Veranstaltungen abhalten könnten, in der die Turner des Turnvereins Platz hätten und der Gesangverein ungestört üben könnte. Auch gibt es viele Ansätze zu neuen Initiativen, die am Platzmangel scheitern, wie zum Beispiel Jugend- und Altenarbeit.

1200-Jahr-Feier in einer Baracke?

Neue Aktualität hat das Thema dadurch gewonnen, daß Zazenhausen 1988 seit 1200 Jahren besteht. Der Bürgerverein machte sich Gedanken, wie eine Feier gestaltet werden könnte. Dabei kam den Zazenhäusern wieder zu Bewußtsein, wie wenig Möglichkeiten zur Versammlung es an ihrem Ort gibt: nämlich keine Räumlichkeit, in der mehr als 120 Personen auf einmal untergebracht werden können. Das Provisorium des Turnvereins (eine umfunktionierte Baubaracke) genügt längst nicht mehr den Ansprüchen. So beschloß man in Zazenhausen, Nägel mit Köpfen zu machen und die Sache in die Hand zu nehmen. Alle Vereine erklärten sich einverstanden, gemeinsam den Wunsch nach einer neuen Halle zu unterstützen, und man gründete am 23.4.1986 den „Verein zur Förderung der Mehrzweckhalle in Zazenhausen". Vorsitzende des neuen Vereins wurde Heidi Weber, die sich beim Bürgerverein Zazenhausen für die Gründung eines Fördervereins eingesetzt hatte.

Jeder 7. Zazenhäuser Bürger ist Mitglied

Bereits zur Gründungsversammlung hatte der Verein 100 Mitglieder. Inzwischen sind 160 Zazenhäuser, also jeder 7. Bürger, dem Verein beigetreten. Ziel des Vereins ist es, Mittel für den Mehrzweckhallenbau zu sammeln und vor allem auch die Durchsetzung des Projekts bei den städtischen Ämtern und im Gemeinderat zu betreiben. Bereits bei der Gründung wurden die Stadträte Dr. Hammerbacher und Neuffer Mitglieder des Vereins und sagten ihre Unterstützung zu.

Inzwischen konnte der Verein durch Spenden und Aktivitäten bereits 13.000.- Mark (6.646,- EUR) zusammentragen. Das ist in Anbetracht dessen, daß der Ort nur etwa 1200 Einwohner hat und der Verein erst seit 4 Monaten existiert, doch beachtlich. Es zeigt jedenfalls, wie wichtig diese Halle für die Zazenhäuser Bürger ist.

Positives Echo bei den städtischen Ämtern

Auch Bezirksvorsteher Wolfgang Meyle unterstützt die Bemühungen der Zazenhäuser Bürger und hatte bereits im Januar (1986) einen Termin mit Bürgermeister Dr. Gerhard Lang arrangiert, bei dem dieser sich die Zazenhäuser Verhältnisse ansah und feststellte, daß es sich nicht lohne, in das alte Provisorium noch eine Mark zu investieren, und daß bei einem Neubau der Halle auch der Sportplatz des TV Zazenhausen vergrößert werden müsse, damit er Wettkampfmaßen entspreche.

Inzwischen hat auch die Stadt Stuttgart auf den Wunsch der Zazenhäuser reagiert und Pläne zur Standortfindung erstellt. Wie es momentan aussieht, soll der jetzige Standort beibehalten werden, allerdings muß dann, um den Sportplatz zu vergrößern, der Feuerbach verlegt werden. Da auf lange Sicht geplant ist, den Feuerbach wieder naturgemäß laufen zu lassen, würde sich im Zuge dieser Veränderung der Umbau des Sportplatzes anbieten.

Im September öffentliche Diskussion des Bebauungsplans

So geht es also zunächst darum, daß die Stadt einen der beiden erstellten Pläne als rechtsgültigen Bebauungsplan anerkennt. Um dies voranzutreiben, will der Verein am 24.9.1986 Stadträte und Bürgermeister zu einem Informationsabend einladen, bei dem die Zazenhäuser ihre Wünsche vortragen wollen und vor allem auch über die Finanzierung des Projekts diskutieren.

Der „Verein zur Förderung der Mehrzweckhalle in Zazenhausen" hofft nun, daß er als Beitrag zur geplanten 1200-Jahr-Feier die Grundsteinlegung zur neuen Halle beitragen kann, damit die Bürger beim nächsten größeren Fest wenigstens ein Dach über dem Kopf haben. Und es sieht ganz danach aus, daß dieser Wunschtraum der Zazenhäuser in Erfüllung gehen wird. Das Hauptverdienst daran darf dann mit Fug und Recht der obige Verein für sich beanspruchen.

Es lohnt sich also doch noch, selbst bei der heutigen Flut von Bürgerinitiativen, -komitees und Interessengemeinschaften, des „Volkes Stimme" zu erheben. Oder liegt das Erfolgsgeheimnis des Zazenhäuser Hallenförderungsvereins ganz einfach nur darin, daß man hier zur Abwechslung mal nicht gegen, sondern für etwas eintritt?

Aus einer Zeitung vom August 1986

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