Kein Name für "ein ganz besonderes Haus"

Multifunktionaler Bau in Zazenhausen eingeweiht:
Feuerwehr, Schule und Vereine unter einem Dach

Das Haus dient als Garage für Feuerwehrautos, sieht aber eigentlich nicht wie ein Feuerwehrhaus aus. Schüler werden dort unterrichtet, aber es ist keine Schule wie hundert andere Schulen. Neben der Löschtruppe und den ABC-Schützen treffen sich auch Vereine in diesem Haus, für das wegen der vielseitigen Nutzung noch kein passender Name gefunden wurde. Vorläufig heisst es "Bezirkshaus" - wobei sich darunter vermutlich kaum jemand etwas vorstellen kann.

Einen originellen Namen zu finden, sei "sicherlich sehr viel einfacher, als das Geld für den Bau aufzutreiben", sagte Bürgermeister Gerhard Lang gestern bei der Eröffnung. Die Namenssuche will er seinem örtlichen Statthalter, Bezirksvorsteher Wolfgang Meyle, überlassen ("echte Selbstverwaltung"). Schließlich sei es "vor allem der Initiative und dem Einsatz Meyles zu verdanken, dass alles so gekommen ist."

Das multifunktionale "Bezirkshaus", von dem alle, die dort unterkommen, sagen, es sei "ein großartiger Bau" und "ein ganz besonderes Haus", steht auch in einem ganz besonderen Stadtteil: in Zazenhausen, dem Dorf ganz im Norden Stuttgarts, zwischen den Industrieschloten Zuffenhausens und der Freiberger Hochhaussilhouette. Vor zwanzig Jahren wollte das Kultusministerium die dortige Zwergschule abschaffen. Zwei staatliche Schulräte, die solche Pläne vertreten hatten, mussten sich vor dem Volkszorn durch die Hintertür eines Gasthauses rette, behauptete eine Anekdote aus jenen Tagen. Jetzt wird die Grundschule von zwei auf vier Klassen aufgestockt. Dr. Paul Diesch, stellvertretend für die erkrankte Schulministerin Marianne Schultz-Hector bei der Einweihungsfeier, würdigte die identitätsfördernde Bedeutung der gegen die Absichten seiner Behörde erhaltenen Schule: Sie sorge für ein "Heimatgefühl im Ort, das ohne Schule nicht zu haben wäre".

Sechs Jahre lang haben die Zazenhausener für ein Feuerwehrhaus, eine neue Schule und eine Mehrzweckhalle gestritten. 1986 wurde eigens ein Förderverein gegründet. Jetzt haben sie alle drei Wunschprojekte unter einem Dach. Der Förderverein hat 130 000 Mark an Spenden für das neuen Millionen Mark teure "Bezirkshaus" gesammelt - eas heuet kaum noch nützen würde. Der Baubeschluß vor Jahren "wäre nur kurze Zeit später dem Rotstift zum Opfer gefallen", sagte Bürgermeister Lang gestern. Er sei schon damals "in sich schlechter abzeichnenden Zeiten durchaus nicht selbstverständlich gewesen".
Von Armin Käfer

Postmoderner Bau
Postmoderner Bau im Schatten des Eisenbahnviadukts: das Zazenhausener Bezirkshaus.
Foto: Horst Rudel

Zeitungsartikel (20.03.1993) dankenswerter ausgeliehen von Astrid Arhelger.
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