Debatte um Nordostring kommt in Fahrt

Mit zweispuriger Trasse
können sich mittlerweile auch Gegner anfreunden

Remseck/Fellbach - Nach monatelangem Stillstand ist mit dem Jahreswechsel wieder Bewegung in die festgefahrene Diskussion um den Bau des Nordostrings gekommen. Selbst erklärte Gegner des Projekts könnten sich mittlerweile offenbar mit einer zweispurigen Straße als Verbindung zwischen Ludwigsburg und Fellbach anfreunden.

Bei seinem Neujahrsempfang schlug Fellbachs Oberbürgermeister Christoph Palm am Sonntag ungewohnte Töne an. Statt erneut eine Breitseite gegen die Planung für eine neue Neckarbrücke und einen vierspurigen Nordostring loszulassen, sprach er von der Suche nach einer "Lösung mit Augenmaß". Statt über eine Verkehrspolitik zu klagen, die den Transitverkehr von Rotterdam nach Istanbul übers Schmidener Feld rollen lasse, lobte er die "kluge Haltung" der Landtagskollegen im Rems-Murr-Kreis in Verkehrsfragen. Und statt einer geharnischten Reaktion auf die Angriffe des Waiblinger Amtskollegen Andreas Hesky stellte Palm in Aussicht, für eine Verkehrsverbesserung durchaus auch eigenes Geld in die Hand zu nehmen. "Fellbach verschließt sich einer vernünftigen Lösung nicht. Wir sind keine Totalverweigerer", erklärte Palm.

Kurzum: Hätte ihr OB nicht in launigen Versen erneut sein dichterisches Talent unter Beweis gestellt, die 1050 Fellbacher in der Schwabenlandhalle hätte das Gefühl beschlichen, am Sonntag einem Doppelgänger aufgesessen zu sein. Doch bei den Gegnern des vierspurigen Nordostrings hat sich mittlerweile der Gedanke durchgesetzt, dass es zur Verhinderung der befürchteten "Autobahn" am besten ist, sich für eine nur zweispurige Lösung stark zu machen.

Das gilt auch für Landesjustizminister Ulrich Goll (FDP). Noch vor zwei Wochen hatte er sich als aufrechter Kämpfer gegen den großen Nordostring in Szene gesetzt und mit Parteifreund Hartfrid Wolff, Bundestagsabgeordneter aus Waiblingen, versprochen, "alle Hebel in Bewegung zu setzen", um das Streitprojekt endlich aus dem Bundesverkehrswegeplan zu streichen. Jetzt wirbt er um Unterstützung für einen Kompromiss: Statt bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag auf Verkehrsverbesserungen zu warten, sollen eine Neckarbrücke bei Aldingen, eine Südumgehung von Hegnach und die Ertüchtigung der bestehenden Straßen (Variante 4.3) eine schnelle Lösung für eine zweispurige Verbindung schaffen.

Den Denkprozess ins Rollen gebracht hat Claus J. Paal. Der Präsident des IHK-Bezirks und Regionalrat der CDU hatte in Backnang gefordert, den Nordostring als Autobahn-Lösung zu beerdigen - und lieber eine kleinere Verbindung zu schaffen. In die Debatte um den Nordostring hat diese Aussage nun Bewegung gebracht. "Wenn selbst die Wirtschaft keinen vierspurigen Nordostring fordert", will Fellbachs OB von Ministerpräsident Günther Oettinger erfahren haben, "sollten die Straßenbehörden auch keinen planen."

Von Sascha Schmierer,
Stuttgarter Nachrichten vom 23.01.2007
www.stuttgarter-nachrichten.de

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