Gutachten "fehlerfrei" und die Vorwürfe "völlig abwegig"

Regierungspräsident Johannes Schmalzl sieht keine Fragwürdigkeit bei Neckarbrücken-Planung.

Regierungspräsident Johannes Schmalzl hat in einem Schreiben an den Fraktionsvorsitzenden der SPD im Fellbacher Gemeinderat, Andreas Möhlmann, Fehler im Verkehrsgutachten zur geplanten neuen Neckarbrücke bestritten.

Möhlmann hatte in einem Brief an den stellvertretenden Ministerpräsidenten und Justizminister Ulrich Goll das Planfeststellungsverfahren zur Neckarquerung als fragwürdig bezeichnet und dessen Einstellung gefordert. Dem Regierungspräsidium Stuttgart hat Möhlmann vorgeworfen, die unterlegten Verkehrszahlen seien falsch und in den Städten würden unterschiedliche Lärmgrenzwerte angewendet.

"Dieser Darstellung möchte ich mit Nachdruck widersprechen", schreibt Schmalzl. Der Regierungspräsident räumt zwar ein, dass sich in einem früheren Verkehrsgutachten "ein rechnerischer Matrixfehler eingeschlichen hat", dieser sei jedoch bereits im Jahr 2007 im fortgeschriebenen Verkehrsgutachten behoben worden. Schmalzl: "Das jetzt vorliegende Verkehrsgutachten ist fehlerfrei und entspricht dem anerkannten Stand der Verkehrswissenschaft."

Auf Nachfrage unserer Zeitung verwies Andreas Möhlmann auf die Zählungen der Städte Fellbach und Kornwestheim, deren Ergebnisse in einer weiteren Zählung des Regierungspräsidiums noch bestätigt wurden. Für die Planfeststellung habe das RP lediglich Hochrechnungen verwendet, die von den Zählergebnissen erheblich abweichen. "Die Realität ist anders als die Berechnungen in den Planunterlagen", sagte Möhlmann, so etwas habe die Bezeichnung fehlerfrei nicht verdient.

Bedeutsam findet der SPD-Fraktionsvorsitzende jedoch eine weitere Festlegung des Regierungspräsidiums. "Für den Lärmschutz gelten selbstverständlich in allen betroffenen Gemeinden dieselben Grenzwerte", lässt Schmalzl wissen. Der Vorwurf einer Ungleichbehandlung entbehre deshalb "jeder objektiven Grundlage und ist daher völlig abwegig". Interessant findet Andreas Möhlmann das deshalb, weil das bisher nicht so eindeutig schien. Der Stadt Waiblingen soll das RP bereits im Mai 2009 zugesagt haben, niedrigere Grenzwerte als gesetzlich vorgeschrieben zu verwenden, nämlich 70 Dezibel (dB (A)) tagsüber und 60 dB(A) nachts.

Die übrigen Kommunen sollten mit den höheren Schwellenwerten 73 und 63 dB (A) abgespeist werden, war im Februar dieses Jahres im städtischen Mitteilungsblatt von Fellbach zu lesen. Der Unterschied ist beträchtlich, denn mit jeweils drei Dezibel verdoppelt sich die Schallintensität. In der Anhörung im Februar soll der Verhandlungsführer dann zugesagt haben, dass der Schwellenwert für Waiblingen auch für andere Kommunen gelten soll. "Das dürfte dann auch für andere Straßenbauvorhaben in der Region interessant werden", sagt Möhlmann, schließlich müsse der Gleichbehandlungsgrundsatz gelten. Der Regierungspräsident selbst hat in seinem Brief keinen Grenzwert genannt. Schmalzl weist im Übrigen darauf hin, dass die Bürger von Fellbach und von anderen Gemeinden von den geplanten "Schallschutzmaßnahmen" profitieren, zumal dieser überwiegend entlang von Straßen erfolgt, die in der Baulast der Städte selbst liegen und für deren Lärmsanierung diese Städte normalerweise selbst sorgen müssten.

Der Regierungspräsident sicherte auch zu, dass das seit 1. März dieses Jahres existierende Lastwagen-Durchfahrtsverbot in Stuttgart beim Planfeststellungsverfahren zur geplanten Neckarquerung berücksichtigt werde. Johannes Schmalzl: "Eine Mehrbelastung nach Realisierung der Neckarquerung kann ich hier nicht erkennen."

Von Gerhard Brien, Fellbacher Zeitung vom 16.04.2010
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