Kornwestheim:
Brückenprojekt auf falschen Zahlen gegründet
Nachbarschaftsstreit

Städte wollen Regierungspräsidium einen weiteren Rechenfehler nachweisen - Eigene Erhebungen veranlasst

LUDWIGSBURG/STUTTGART. Die Berechnungen für die Andriofbrücke seien falsch, behauptet Kornwestheims Bürgermeister Michael Köpple. Neue Zählungen ergäben, dass eine Entlastung für die bestehende Neckarbrücke in Remseck nicht nötig sei.

„Die Berechnungen des Regierungspräsidiums basieren auf Zählungen aus den Jahren 2001 und 2003", kritisiert Michael Köpple. Und diese Zahlen seien falsch. Das hätten eigene Erhebungen der Städte Fellbach (Rems-Murr-Kreis) und Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg) in der vergangenen Woche gezeigt. Aufgrund dieser Zahlen könne das Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) gar nicht anders als erneut das Erörterungsverfahren für die Andriofbrücke - eine geplante Neckarquerung zwischen Mühlhausen und Remseck - eröffnen. Der RP-Sprecher David Bösinger möchte diese Forderung nicht kommentieren. Denn alle beteiligten Kommunen hätten bis zum 27. Mai Zeit, eine Stellungnahme zur Planung abzugeben. „Diese werden wir dann alle sorgfältig prüfen und gegeneinander abwägen", sagt Bösinger. „Erst danach werden wir uns äußern."

Remsecks Oberbürgermeister Karl-Heinz Schlumberger sagt, auch in seiner Stadt seien öfter die Zähler unterwegs gewesen. Die Ergebnisse seien indes nie gravierend voneinander abgewichen. „Ich habe ein großes Problem mit der Taktik von Kornwestheim und Fellbach", sagt Schlumberger. Immerhin habe das RP den Auftrag, die Verkehrsprobleme für die gesamte Region zu lösen, „da kann man nicht immer wieder beliebig alles infrage stellen". Wie berichtet, hatte die Regionalversammlung zum zweiten Mal über die Pläne abstimmen müssen, weil sich beim ersten Anlauf Rechenfehler eingeschlichen hatten: Ein Ingenieurbüro hatte prognostizierte Zahlen zum Lastwagenaufkommen im Jahr 2020 subtrahiert statt addiert. Dadurch war der erwartete Entlastungseffekt für die bestehende Brücke in Neckarrems noch vergrößert worden. Doch trotz der dann nach unten korrigierten Zahlen hält das Regionalparlament die bestehende Neckarbrücke für überlastet und dringt auf einen Neubau.

Die Neckarremser Brücke sei im Jahr 2020 weit weniger beansprucht als angenommen, sagt hingegen Bürgermeister Köpple. Wichtigstes Indiz dafür: die Zähler in Fellbach und Kornwestheim seien auf Summen gekommen, die um bis zu 18 Prozent niedriger lägen als angenommen. „Und wir müssen unsere Zahlen ja nur noch elf Jahre hochrechnen, während das RP seine falschen Zahlen aus dem Jahr 2003 um 17 Jahre hochrechnen musste", betont Köpple. Damit liege die eigene Schätzung deutlich näher an den exakten Werten als die des RP.

Die gesamte Planung fuße also auf falsche Zahlen. Die Stuttgarter Behörde dürfe zudem keine Straßenverbindung von Remseck zur Autobahn planen, sagt der Bürgermeister. „Das wäre Sache des Bundes." Das RP dürfe sich nur von der Frage leiten lassen, ob die bestehende Brücke im Jahr 2020 noch in der Lage sein werde, den Verkehr aufzunehmen. Genau das bestätigten aber die jüngsten Zählungen, die vom Verkehrsplaner der Stadt Fellbach und den Experten eines Planungsbüros vorbereitet worden seien.

Während Köpple stets die Bilanzen beider Städte in einem Atemzug nennt, äußert sich Fellbachs Baubürgermeisterin Beatrice Soltys zurückhaltend: Fellbach werde Zahlen erst bekanntgeben, nachdem der Gemeinderat am 19. Mai darüber diskutiert habe. „Wir sind noch bei der Auswertung", sagt Soltys, „wir arbeiten mit Hochdruck."


StZ-Grafik: zap, rcz
Von Ludwig Laibacher, Stuttgarter Zeitung vom 15.05.2009
www.stuttgarter-zeitung.de

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