Gegner fordern Planungsstopp für Brücke

Erneut Zweifel an Prognosen

STUTTGART. Bereits zum dritten Mal legt das Regierungspräsidium die Pläne für eine Neckarbrücke bei Aldingen neu aus, und zwar voraussichtlich von Ende März an. Die Gegner der Brücke schlagen dagegen vor, die Planungen sofort zu stoppen.

Für Joseph Michl, den Sprecher des gemeinnützigen Vereins für die Erhaltung der Freiflächen zwischen Zuffenhausen und Waiblingen (Arge Nord-Ost), ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, um die Planungen für eine zweite Nekkarquerung bei Aldingen endgültig ad acta zu legen. Die Krise der Automobilindustrie, die Staatsverschuldung - ganz unabhängig von Sinn oder Unsinn des Brückenbaus, es sei zurzeit nicht ratsam, sich „neue Straßen an den Hals zu hängen".

Dass er von den Plänen des früheren Regierungspräsidenten Udo Andriof, eine Brücke zwischen Remseck-Aldingen und Stuttgart-Münster zu bauen, nichts hält, daraus haben er und seine Mitstreiter nie einen Hehl gemacht. Die Arge betrachtet das Bauwerk als Vorstufe einer autobahnähnlichen Straße zwischen Waiblingen und dem Stuttgarter Norden, die ökologisch wertvolle Freiflächen zubetonieren und unnötig zusätzlichen Verkehr anziehen würde.

Weil auch viele Anliegerkommunen mit der Dimension der Brücke nicht einverstanden waren, wurden die Pläne zunächst noch einmal neu gezeichnet. Doch auch die zweite Auslegung brachte nicht den gewünschten Konsens. Das Regierungspräsidium musste sogar zugeben, dass eine Verkehrsprognose von falschen Zahlen ausgegangen war. Statt der prognostizierten 400 Lastwagen pro Tag ist auf der alten Straße zwischen Fellbach-Oeffingen und Remseck-Neckarrems nach dem Bau der Brücke mit mindestens 900 schweren Fahrzeugen pro Tag zu rechnen.

Die Prognose ist jetzt korrigiert, doch die neuen Zahlen sind weiteres Wasser auf den Mühlen der Brückengegner: Sie belegten, dass das Vorhaben schöngerechnet worden sei, weil die Voraussagen über die Entlastungen nicht stimmten und zusätzliche Belastungen geschaffen würden. Den Schwerverkehr müsse man besonders gewichten, sei doch die Hälfte der durch Fahrzeuge entstehenden Schadstoffe auf Lastwagen zurückzuführen.

Auch die Hoffnungen in Waiblingen auf eine Entlastung der Ortsdurchfahrt von Hegnach seien trügerisch, behauptet die Arge. Die Korrektur der Verkehrsprognose zeige, dass auf Hegnach eine Lastwagenlawine zurollen werde. Geplant sei nach dem Bau der Brücke bei Aldingen schließlich auch deren westliche Anknüpfung an die B 27. Dies würde nach Ansicht der Arge täglich 15 000 zusätzliche Autos in Richtung Waiblingen locken. Zu viele für eine zweispurige Straße über dem Schmidener Feld. Michl: „Daher würde der Lokalverkehr in die Ortsdurchfahrten von Waiblingen, Hegnach und Remseck zurückverlagert, die erhoffte Entlastung würde nicht eintreten."

All das werde bewusst unter den Teppich gekehrt. Deshalb gehe das Regierungspräsidium auch mit „einem großen Glaubwürdigkeitsproblem" in die dritte Planauslegung, sagt Michl. Dass Verkehrsprognosen an der Wirklichkeit vorbeigingen, zeige die Behörde im Übrigen selbst. Laut einer Pressemitteilung hat eine Verkehrszählung des RP an der B 10 bei Reichenbach an der Fils 39 600 Fahrzeuge in 24 Stunden ergeben. Bei der Planfeststellung waren für das Jahr 2000 nur 18 600 Fahrzeuge vorhergesagt worden.

Von Frank Rodenhausen, Stuttgarter Zeitung vom 27.02.2009
www.stuttgarter-zeitung.de

 [ zur Homepage ] [ Schließen ]