Kirchen müssen bei Kindergärten sparen

In Zazenhausen und Freiberg überlegen Gemeinden,
ihre Einrichtungen zu schließen

Die Finanzen der Kirchen werden knapp, die Sparzwänge machen auch vor den Kindergärten nicht mehr Halt. In Freiberg und Zazenhausen überlegen sich Gemeinden, ihre Einrichtungen zu schließen - wenn nicht die Stadt mit Geld einspringt.

Die evangelische Kirchengemeinde Freiberg hatte die Schließung ihres Kindergartens im Rilkeweg für das Jahr 2008 bereits beschlossen - dann aber kam der Protest der Eltern. „Die Eltern haben versucht, Geld zu sammeln, um das Blatt noch mal zu wenden", erzählt Edeltraut Diesing, die Leiterin des Kindergartens. Viel Geld ist nicht zusammengekommen, Wirkung gezeitigt hat die Aktion dennoch. Der Kirchen- gemeinderat ist noch einmal in sich gegangen, mit dem Ergebnis, dass es jetzt doch anders kommen könnte: Ein Architekt wurde beauftragt, noch einmal durchzurechnen, was eine Sanierung kosten würde, das Ergebnis wird am Montag im Kirchen- gemeinderat diskutiert. Außerdem hat die Gemeinde Gespräche mit dem Jugendamt aufgenommen und das Signal bekommen, dass höhere Zuschüsse denkbar seien.

„Wir bekommen aus immer mehr Kirchengemeinden das Signal, dass Renovierungen anstehen und die Zuschüsse nicht mehr ausreichen' ", sagt Heinrich Korn, der stellver-
tretende Leiter des Jugendamts. Die Behörde will deshalb dem Gemeinderat für die Haushaltsberatungen vorschlagen, die baulichen Zuschüsse für Kindergärten, die bisher bei Umbauten in der Regel bei 50 Prozent liegen, auf 75 Prozent zu erhöhen. Jörg Schulze-Gronemeyer von der evangelischen Kirche erklärt die Situation: „Viele Gebäude stammen aus den 60er und 70er Jahren und müssen aufwendig saniert werden. Den Gemeinden stellt sich damit die Frage. welche Prioritäten sie setzen wollen und ob ein Kindergarten zur Glaubensvermittlung überhaupt sein muss." Auf längere Sicht sei deshalb nicht auszuschließen, dass sich Gemeinden aus der
Kindergartenarbeit verabschieden.

Mit dieser Frage beschäftigt sich seit einiger Zeit auch die evangelische Kirche in
Zazenhausen, die zusammen mit der katholischen einen Kindergarten im Entenweg betreibt und die ebenfalls nicht weiß, woher das Geld für eine dringend nötige Sanierung des Gebäudes kommen soll. Im Gespräch ist inzwischen ein Neubau im Entenweg oder in der Nähe der Schule, für die evangelische Gemeinde aber ist klar, dass sie diesen nicht finanzieren kann. Verhandelt wird deshalb über einen Neubau in Trägerschaft der Stadt. „Wir als Gemeinde können auf Dauer maximal eine Kinder- gartengruppe in einem intakten Gebäude finanzieren", sagt Pfarrerin Petra Dais. Ob sich dies umsetzen lässt, ist offen. „Wir müssen abwarten, wie sich die Stadt ent-scheidet." Die Gemeinde ist in den vergangenen Jahren auf 700 Mitglieder ge-
schrumpft, die Kirchensteuerzuweisungen sind entsprechend zurückgegangen. Nach einem kürzlich veranstalteten Gemeindeabend aber ist Petra Dais überzeugt: „Viele Menschen legen Wert auf eine christliche Erziehung, auch wenn sie selbst keine enge Bindung mehr zur Kirche haben."

Schwieriger wird die Arbeit der kirchlichen Träger nicht nur durch die sinkenden
Einnahmen, sondern auch durch die rückläufigen Kinderzahlen. Die Träger müssen sich darum bemühen, ihre Plätze zu füllen - je nach Stadtteil mit unterschiedlicher Intensität. Wer davon profitiert, sind die Eltern: Immer mehr Einrichtungen nehmen auch unter Dreijährige auf oder bieten längere Öffnungszeiten an. Allein im ver- gangenen Jahr sind stadtweit 327 Plätze für Kleinkinder dazugekommen, während 266 Plätze für Drei- bis Sechsjährige abgebaut wurden.

Die katholische Kirche hat diese Entwicklung bereits vor drei Jahren eingeläutet:
Inzwischen nehmen von insgesamt 78 katholischen Einrichtungen rund die Hälfte entweder bereits zweijährige Kinder auf oder bieten verlängerte Öffnungszeiten an. Zum nächsten Kindergartenjahr kommen allein in der Innenstadt elf Einrichtungen dazu, darunter das Kinderhaus Sankt Elisabeth im Westen und der Kindergarten von Herz Jesu in Gaisburg. Auch die evangelische Kirche stellt sukzessive um und reagiert damit auf veränderte Bedürfnisse der Eltern und weniger Geburten: Von Herbst an nehmen eine ganze Reihe Kindergärten erstmals auch Zweijährige auf, etwa im Stöckach und Sillenbuch.

Von Nicole Höfle
Stuttgarter Zeitung vom 06.08.2005
www.stuttgarter-zeitung.de

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